Informationsveranstaltung Mastbruch-Projekt

v.l.: Dr. Horst Schöll, Radiologe; Dr. Peter Neitzke, Ecolog-Institut gGmbH; Prof. Dr. Adlkofer, Stiftung Pandora; Ao. Prof. Dr. Wilhelm Mosgöller, Med. Universität Wien, Abt. Krebsforschung; Ellen Zajonz, 1. Vorsitzende Gegenwelle e.V.

Am Sonntag, dem 21. März, wurde das Mastbruch-Projekt von den Wissenschaftlern Prof. Adlkofer, Prof. Mosgöller und Dr. Neitzke im Pfarrheim St. Joseph in dem Paderborner Ortsteil Mastbruch vorgestellt. Es hatten sich rund 70 interessierte Bürger eingefunden, die umfassend und detailliert über die Risiken der Mobilfunkstrahlen informiert wurden. Als wichtiges Kriterium wurde nochmals auf das offene Ergebnis der Studie hingewiesen, die weder von irgendeiner Industrievertretung, noch von der Politik finanziert wird und somit nur dem Ergebnis und damit der Aufklärung der Bevölkerung dient. 

In einer offenen Diskussion konnten bereits gemachte Erfahrungen und bestehende Meinungen mit dem Expertenteam aus erster Hand ausgetauscht werden. Das kritische Publikum trug sich anschließend nahezu vollzählig in die Listen zur medizinischen Untersuchung ein. Das Projekt wurde am nächsten Tag offiziell der Presse vorgestellt, die ersten Blutentnahmen und Untersuchungen konnten beginnen.

Im Rahmen der Bürgerversammlung erklärte jeder der anwesenden Forscher mit verständlichen Worten seine Projektaufgabe, auch den Part der Mastbrucher Bürger. Im Zeitraum von zwei Jahren und als Grundlage der abschließenden Gesamtauswertung sind insgesamt sechs Erhebungen vorgesehen, die im Einzelnen umschließen:

Messung und Dokumentation der Exposition der Bevölkerung im Untersuchungsgebiet (in den Wohnungen der Teilnehmer vor und nach Inbetriebnahme der Basisstation. Erfassung der individuellen Abweichungen (Störgrößen) derjenigen Probanden, die sich tagsüber außerhalb des Untersuchungsbereiches aufhalten.

  • Erfassung von subjektiven Beschwerden mittels eines 36 Items umfassenden Fragebogens
  • Erfassung biologischer Parameter:

 a)     Zur Bewertung der Gentoxizität wird der Kleinkerntest an Zellen der Wangenschleimhaut durchgeführt.

b)       Zur Bewertung der Gentoxozität werden in menschlichen Lymphozyten und/oder Fibroblasten, die bei jeder Untersuchung durch Blutentnahme oder Biopsie gewonnen werden, zusätzlich die DNA-Reparatur-Foci bestimmt.

c)       Die Messung der antioxidativen Kapazität im Serum der Teilnehmer erfolgt in der Vorstellung, dass diese nach einer langzeitigen Stressexposition, wie sie theoretisch im Umfeld einer Basisstation bestehen könnte, abnimmt.

d)       Ausserdem ist es beabsichtigt, von jedem Teilnehmer eine Blutprobe nach dem modernen bio-medizinischen Kryo-Verfahren tiefgefroren aufzubewahren, um später Tests wie den RNA-Mikroarray nachzuholen.

Es zeigte sich, dass das Projekt in Dr. Schöll, einem Arzt vor Ort, eine wichtige Stütze findet. Für die Überzeugungskraft der Veranstaltung sprach die Tatsache, dass sich mancher noch unschlüssige Bürger anschließend für die Mitwirkung entschied. Das Vorhaben kann auch mit der Unterstützung einiger Politiker der Region rechnen. Und erste politische Spuren führen inzwischen sogar bis in den Landtag nach Düsseldorf, wo sich Sigrid Beer unterstützend hinter ihre Mastbrucher Wählerschaft stellt.

 Bürger wie Wissenschaftler aber waren sich der neuen Wege bewusst, die hier beschritten wurden:

  • Ein neues Bürgerverhalten sagte weiterhin grundsätzlich „Nein“ zum Sendemast im Wohngebiet, sieht das Problem jedoch nicht mehr Standortbezogen, sondern global durch die stetige Zunahme an Mobilfunkstrahlungen und der damit verbundenen Zunahme von Elektrosmog in allen Lebensbereichen. Die Arbeit der Bürgerinitiative Gegenwelle e.V. ist mit der Errichtung und Inbetriebnahme des Mobilfunkturms von O2 nicht beendet, sondern erreicht eine neue Stufe der Kompetenz und einen erweiterten Wirkungsgrad.
  • Ein neues Forscherverhalten, das mit der Gründung der Stiftung Pandora in programmatischer Weise unabhängige Forschungen fördern möchte, sicherte den Bürgern zu, mit ihnen gemeinsam alles für die Klärung dieser Frage zu tun – wenn nötig auch ohne staatliche Unterstützung. Die Stiftung Pandora ist als „Stiftung für unabhängige Forschung“ von mehreren der Beteiligten ausdrücklich auch für solche Situationen gegründet worden. Dass es auch aus ärztlicher Sicht um ein wichtiges Forschungsvorhaben geht, hat die österreichische Ärztekammer dem Projekt bereits bestätigt.

Bleibt zu hoffen, dass Bürger wie Wissenschaftler demnächst auch mit einem neuen politischen Verhalten rechnen können, das Vorsorge und Mitfinanzierung notwendiger Risikoforschungen nicht in die Zuständigkeit der Bürger verschiebt, während die für den Strahlenschutz vorgesehenen Steuergelder eher für eine Politik der gebundenen Hände verbraucht werden.

Begrüßenswert wäre ein baldiges Umdenken der Industrie weg vom ungezügelten Ausbau gesundheitsschädlicher Funktechnik hin zum sinnvollen Einsatz der neuen Technologien mittels Glasfaserübertragung für große Datenmengen wie Video- und TV-Übertragungen auf PCs und Kennzeichnung von Strahlungswerten auf Handys, Mikrowellen, W-Lans, Laptops und DECT-Telefonen zum Schutz der Bevölkerung. Auch die technikverliebte Bevölkerung sollte sich klar machen, welch hohen Preis sie zahlt, um Videos und Fußballspiele im “Mäusekinoformat” auf dem Smartphone anzuschauen, was noch vor kurzer Zeit lediglich von der Nischen-Zielgruppe der kindlichen Daddler akzeptiert wurde.  

Im Bewusstsein der Ausnahmesituation haben auch die Vereinigungen Kompetenzinitiative e. V., Diagnose-Funk sowie die bekannte Bismarckinitiative Stuttgart europäische Bürger und Sponsoren aufgerufen, das Projekt mit ihren Spenden zu unterstützen.

Die Bevölkerung von Paderborn-Mastbruch wird nochmals aufgerufen, an der Erhebung über die subjektive Befindlichkeit teilzunehmen, den verteilten Fragebogen vollständig auszufüllen und im Pfarrheim abzugeben bzw. an die Gegenwelle e.V. zurückzusenden. Der Fragebogen, der 36 verschiedene Symptome beinhaltet, wird anschließend vom Institut für Umwelthygiene an der Medizinischen Universität Wien (MUW) ausgewertet.

Bericht des Westfalenblatts vom 23.03.2010